Landessortenversuche 2024: Grünroggen
Für viele Betriebe ist der Grünroggenanbau nach wie vor ein fester Bestandteil in der Fruchtfolgegestaltung, vor allem, wenn die Flächen zur Grundfutterversorgung begrenzt sind. Für den erfolgreichen Anbau einer Folgekultur muss jedoch die Wasserversorgung ausreichen.
Grünroggen zur Nutzung der Herbst- und Frühjahrsvegetationszeit
Ergebnisse des LSV Grünroggen 2024
Durch den Anbau von Grünroggen kann schon früh im Jahr Grundfutter für die Rindviehfütterung oder auch Substrat für Biogasanlagen bereitgestellt werden. Die frühe Ernte ermöglicht einen anschließenden Hauptfruchtanbau, häufig in Form von Mais, auf trockenen Standorten auch Sorghumhirse. Auf diese Weise sind in einem Anbaujahr zwei Ernten von Biomasse auf einer Fläche möglich, vorausgesetzt die Wasserversorgung des Standortes ist ausreichend.
Bei zahlreichen Betrieben ist der Grünroggenanbau nach wie vor ein fester Bestandteil in der Fruchtfolgegestaltung, vor allem, wenn die Flächen zur Grundfutterversorgung begrenzt sind.
Für die Grüngutnutzung sind spezielle Roggensorten gezüchtet worden, die eine sehr gute Jugendentwicklung haben und auch im Frühjahr zügig Masse bilden, sie werden also als Winterzwischenfrüchte angebaut.
Wann ist der richtige Erntezeitpunkt?
Der Erntetermin hat einen großen Einfluss auf den Ertrag und die Futterqualität des Grünroggens. Gute Qualität für die Rinderfütterung wird im Entwicklungsstadium ab Ende des Fahnenschiebens bis Beginn des Ährenschiebens, etwa Mitte April/Anfang Mai erreicht. Für die Folgekultur - in der Regel Mais - steht dann noch die übliche Vegetationszeit zur Verfügung. Herrschen zu dieser Zeit allerdings schon trockene Bedingungen im Oberboden, kann dadurch das Auflaufen der Folgekultur gefährdet sein. Würde man die Vegetationszeit dann noch weiter für den Roggen zur Verfügung stellen, könnte er dank des bereits tief reichenden Wurzelsystems zusätzlichen Ertrag bilden. Mit der Maisaussaat sollte dann gewartet werden, bis Niederschläge absehbar sind. Auch bei kühlen Bedingungen ist der Roggen im Vorteil gegenüber dem Mais, da er noch Ertrag bilden kann, während sich der folgende Mais dann nur zögerlich etabliert. Eine späte Roggenernte verkürzt allerdings die Vegetationszeit für den Mais und verringert dessen Ertrag. Die jeweiligen aktuellen Bedingungen bilden somit die Grundlage für die Entscheidung über den bestmöglichen Erntezeitpunkt. Wird die Grünroggenernte jedoch bis in die Kornfüllungsphase hinausgezögert, steigt die Lagergefahr der auf frühere Erntezeitpunkte gezüchteten Sorten; eine zu späte Ernte ist daher nicht ratsam.
Bei früher Ernte mit Trockenmassegehalten unter 20 % sollte ein Anwelken des Grünroggens auf ca. 25 - 28 % TM erfolgen, damit die starke Sickersaftbildung bei der Silierung verringert wird. In der Praxis wird das Erntegut häufig im Schwad abgelegt und nach ca. einem Tag mit einer Pick-Up-Vorrichtung aufgenommen und gehäckselt. Sind die TM-Gehalte höher, kann der Grünroggen mit dem GPS-Vorsatz am Häcksler aus dem Stand geerntet werden. Während für den Einsatz in der Rindviehfütterung in der Regel ein früherer Erntetermin mit entsprechend hoher Futterqualität angestrebt wird, sind bei der Verwertung in der Biogasanlage oftmals höhere Erträge wichtiger, hier kann mit der Ernte auch bis kurz nach dem Ährenschieben gewartet werden. Die Auswirkungen der zeitlichen Differenzierung des Erntezeitpunktes wurde in diesem und im letzten Jahr am Standort Obershagen überprüft (Abb. 1). So fand in beiden Jahren der erste Erntetermin jeweils in der letzten Aprildekade (26.04. bzw. 22.04) statt, im Durchschnitt der Sorten wurde ein TM-Gehalt von 17,1 % und ein TM-Ertrag von 46,8 dt/ha erzielt. Der zweite Erntetermin folgte jeweils ca. 12 Tage später. Bis zu diesem Zeitpunkt erhöhte sich der TM-Gehalt um 4,6 % auf 21,8 % und der Ertrag nahm um 27,3 dt/ha auf 74,1 dt/ha zu. Während also beim ersten Termin ein Anwelken sinnvoll wäre, könnte zum 2. Erntetermin eventuell darauf verzichtet werden. Inwiefern sich die Futterqualitäten dadurch verändern, konnte leider nicht untersucht werden. Nach den Richtwerten aus den DLG Futterwerttabellen ist jedoch von einem Rückgang der Energiedichte um wenigstens 0,5 MJ je kg TM auszugehen.
Zwei Kulturen auf einer Fläche setzen eine gute Wasserversorgung voraus
Grünroggen kann auf unterschiedlichen Standorten angebaut werden, da diese Kultur relativ anspruchslos und robust ist. Soll er vor einer Folgekultur zur Ernte im gleichen Jahr angebaut werden, ist jedoch eine ausreichende Wasserversorgung erforderlich. Der Roggen nutzt das verfügbare Wasser bis zu seiner Ernte, diese Mengen stehen für die Folgefrucht dann nicht mehr zur Verfügung. In Jahren mit Frühsommertrockenheit im Mai und Juni drohen dann Qualitäts- und Ertragseinbußen bei der nachfolgend angebauten Hauptfrucht, sofern keine Niederschläge fallen oder eine Beregnungsmöglichkeit fehlt. Letzteres muss allerdings auch immer unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit betrachtet werden. 2024 war die Wasserversorgung vieler Grünroggenbestände in der Regel ausreichend bis gut. Für die nachfolgende Maisbestellung war es auf feuchten Standorten sogar vorteilhaft, dass der Roggen entsprechendes Bodenwasser bereits genutzt hatte und die Bodenbearbeitung anschließend unproblematischer verlaufen konnte; in Regionen mit feuchten Bodenverhältnissen konnten viele Maisbestände ohne Vornutzung aufgrund zu nasser Böden nicht zeitgerecht bestellt werden.
Düngung von Grünroggen
Zur Förderung der Massebildung sollte Grünroggen zu Vegetationsbeginn im Frühjahr möglichst zeitig in einer Gabe gedüngt werden. Für Grünschnittroggen (Ernte Ende April/Anfang Mai, TM-Gehalt etwa 20 %) beträgt der Düngebedarfswert nach Düngeverordnung 80 kg N/ha bei einem Ertragsniveau von 180 dt FM/ha, wenn der nachfolgende Mais als Hauptfrucht angebaut wird. Grünroggen ist als Futterzwischenfrucht einzustufen und könnte im Herbst 2024 nach Getreidevorfrucht nur in nicht mit Nitrat belasteten Gebieten („Rote Gebiete“) mit maximal 60/30* kg N/ha bis spätestens 1. Oktober gedüngt werden, wenn die Aussaat bis zum 15. September erfolgt ist. (* = N-Düngung maximal 60/30 kg N/ha bedeutet, dass eine Düngung nach Bedarf erfolgen kann, es dürfen jedoch maximal 60 kg Gesamt N/ha und/oder maximal 30 kg NH4-N/ha (mineralisch + organisch) aufgebracht werden. Im Herbst gedüngte N-Mengen müssen im Frühjahr allerdings berücksichtigt, das heißt vom Stickstoffbedarfswert in Höhe ihrer N-Ausnutzung abgezogen werden. Bei einer Düngung im Herbst dürfte der Roggen im Frühjahr nicht zur Körnernutzung weiter kultiviert werden, da die Düngung von Roggen für die Kornernte im Herbst nicht erlaubt ist. Grünschnittroggen-Sorten sind aber für die Körnernutzung ohnehin nicht sinnvoll einsetzbar.
Ertragsleistungen im mehrjährigen Vergleich
Der Landessortenversuch (LSV) Grünroggen wird in Niedersachsen regelmäßig an den Standorten Obershagen (Region Hannover) und in Werlte (LK Emsland) angelegt.
Der Jahreseffekt auf die Ertragsleistungen beim Grünroggen wird bei dem Vergleich der Einzelortergebnisse (Abb. 2) im Verlaufe der Jahre 2018 bis 2024 sehr deutlich. Diese zum Teil sehr drastischen Ertragsunterschiede lassen sich zumindest am Standort Obershagen weniger durch die Abreifeentwicklung erklären, da die Versuche in einem relativ engen TM-Gehaltsbereich beerntet wurden. Vielmehr spielen hier sicherlich die Wachstumsbedingungen eine gravierendere Rolle. Für die geringeren Erträge der Jahre 2018 und 2020 könnte in erster Linie die schwache Vorwinterentwicklung verantwortlich sein, da die Aussaat dort erst ab Mitte Oktober erfolgte. Die höheren Erträge im Jahr 2023 am Standort Obershagen sind hingegen in erster Linie auf die spätere Ernte zurückzuführen und 2024 sind die recht geringen Erträge in Werlte auf zeitweilige Staunässe mit entsprechenden Auswirkungen auf die Bestandesentwicklung zurückzuführen. Die insgesamt leicht höheren mehrjährigen Durchschnittserträge (2018 - 2024) am Standort Werlte haben sich aufgrund der Ergebnisse der letzten beiden Jahre entsprechend reduziert. Generell hat der Standort dank der besseren Nährstoff- und Wasserversorgung ein höheres Ertragspotenzial. Die generell günstigere Wasserversorgung in Werlte stieß allerdings im Jahr 2020 auch an ihre Grenzen, die Frühjahrstrockenheit beeinflusste dort die Erträge beim Grünroggen ebenfalls spürbar.
Landessortenversuch Grünroggen 2024
Da in den letzten Jahren keine neuen Sorten vom Bundessortenamt (BSA) für den Winter-/Futterzwischenfruchtanbau zugelassen wurden, sind auch 2024 wieder die seit 2020 in den Prüfungen stehenden Sorten geprüft worden. Es handelt sich ausschließlich um Populationssorten, wobei mit Higreen und SU Vector 2018 die letzten WP-Prüfkandidaten vom BSA zugelassen wurden. Aktuell werden die Züchtungsaktivitäten wieder etwas stärker vorangetrieben.
Die Aussaat der Versuche erfolgte in Obershagen am 29. September, in Werlte am 5. Oktober. Dank insgesamt günstiger Wachstumsbedingungen lief die Saat an beiden Standorten gleichmäßig auf und die Bestände konnten sich wegen milder Temperaturen vor dem Winter gut entwickeln. Eine Winterruhe war kaum festzustellen und der Vegetationsbeginn im Frühjahr wurde bereits Ende Februar ermittelt. Die anhaltende Feuchtigkeit vom Herbst bis ins Frühjahr hinein behinderte wegen der zeitweilig wassergesättigten Böden zum Teil die Wurzelentwicklung, sodass sich die Bestände insgesamt nicht so üppig wie im Vorjahr präsentierten. So war die Befahrbarkeit in Werlte für die erste Düngergabe erst Anfang März gegeben. Die weitere Entwicklung schritt an beiden Standorten kontinuierlich voran. In diesem Jahr erreichten die Grünroggenbestände das Stadium des Ährenschiebens etwa um den 20. April und damit im Vergleich zu den GPS-Versuchen mit den anderen Sortentypen ca. zehn Tage früher.
An beiden Standorten fand die Ernte am 25. April statt, die Versuche wurden mit relativ niedrigen TM-Gehalten in einem recht frühen Stadium geerntet. Da beide Versuche nicht die Bestandesdichten der Vorjahre erreichten, fielen die Erträge leicht unterdurchschnittlich aus.
Der Bestand in Obershagen zeigte bis zur Ernte keine Lagerprobleme und erreichte eine durchschnittliche Wuchshöhe von 114 cm. Es wurde ein durchschnittlicher Trockenmasseertrag von knapp 54 dt/ha bei einem TM-Gehalt von 17,1 % erzielt. In Werlte dagegen war eine gewisse Differenzierung in der Lagerneigung zwischen den Sorten erkennbar, die im Prinzip die BSA-Einstufungen widerspiegeln. Der Bestand war zum Zeitpunkt der Ernte im Vergleich zum Obershagener Bestand deutlich kürzer (85 cm) und auch die TM-Gehalte lagen mit 15,6 % entsprechend niedriger. Der Durchschnittsertrag fiel mit 37,4 dt/ha TM dann auch etwas enttäuschend aus.
Sortenergebnisse 2024
Die Sorte Protecor erreichte 2024 sowohl in Obershagen als auch in Werlte mit rel. 107 bzw. 108 wieder sehr hohe Erträge und bestätigt damit ihre langjährige überdurchschnittliche Ertragskonstanz. Dank höchster Erträge am Standort Werlte und guter Erträge in Obershagen erreichte Powergreen mit rel. 104 dieses Jahr insgesamt das zweitbeste Ergebnis, genau wie Higreen mit generell etwas ausgeglicheneren Leistungen. Stark schwankende Erträge wies Turbogreen mit rel. 106 in Obershagen und rel. 94 in Werlte auf und erreichte letztlich mit rel. 101 einen leicht überdurchschnittlichen Ertrag. Umgekehrte Werte an den Standorten lieferte Traktor und schnitt mit rel. 98 etwas unterdurchschnittlich ab. Insgesamt durchschnittliche Leistungen bei leicht schwankenden Erträgen lieferte Lunator ab. SU Vector konnte an beiden Standorten wieder nicht überzeugen.
Mehrjährige Sortenleistungen
Die altbekannte Sorte Protector erzielte in den in Tabelle 1 aufgeführten Jahren jeweils überdurchschnittliche Erträge. Damit erweist sie sich ganz klar als ertragsstärkste Sorte des Prüfsortiments. Die hohen Durchschnittserträge von rel. 104 resultieren auch daraus, dass sie eine gute Frühjahrsentwicklung aufweist und zum Zeitpunkt der Ernte mit vergleichsweise hohen TM-Gehalten (rel. 102) die zügige Entwicklung untermauert. In diesem Jahr fiel sie im Sortenvergleich auch nicht durch stärkeres Lager auf, was durchaus vorkommen kann und vom Bundessortenamt (BSA) auch so eingestuft ist (s. Tab. 2). Die mit Abstand höchsten Vermehrungszahlen von 1.435 ha (2023), das sind 60 % der Vermehrungsfläche von Grünroggen in Deutschland, belegen ihre nach wie vor sehr große Bedeutung.
Turbogreen liegt in der Sortenrangierung mit rel. 102 auf dem zweiten Rang. In den letzten Jahren erzielte sie allerdings eher durchschnittliche Erträge. Sie profitiert im mehrjährigen Vergleich von ihren hohen Anfangserträgen. Der TM-Gehalt liegt mit rel. 100 im Durchschnitt. Zu beachten ist auch bei dieser Sorte die etwas höhere Lageranfälligkeit.
Mit rel. 100 bilden die standfeste Sorte Powergreen und die etwas lageranfälligere Sorte Traktor ertraglich das Mittelfeld des Sortimentes. Beide Sorten zeigten in den Einzeljahren etwas schwankende Erträge, wobei Traktor aufgrund des diesjährigen schwachen Ergebnisses am Standort Obershagen den positiven Trend aus dem Jahr 2023 nicht bestätigen konnte. Powergreen hingegen konnte in den letzten drei Jahren etwas stabilere Ergebnisse vorweisen bei insgesamt etwas geringeren TM-Gehalten.
Lunator lieferte mit Ausnahme des Jahres 2021 recht konstante und leicht überdurchschnittliche Erträge bei allerdings geringen TM-Gehalten (rel. 97). Letztlich lagen die Erträge mit rel. 99 auf einem leicht unterdurchschnittlichen Ertragsniveau.
Higreen entwickelte sich über den betrachteten Prüfungszeitraum am zügigsten, was an den TM-Gehalten mit rel. 105 (2024) und 104 mehrjährig deutlich wird. Daher würde sich die Sorte auch für eine frühere Ernte eignen. Ihre schwachen Ergebnisse aus 2022 und 2023 konnte sie in diesem Jahr wieder mit rel. 104 wettmachen, sie erreichte insgesamt mit rel. 99 jedoch nur ein leicht unterdurchschnittliches Ertragsniveau.
SU Vector konnte sowohl diesjährig als auch langjährig ertraglich nicht überzeugen und bildet mit rel. 95 das Schlusslicht. Lediglich die positive Einstufung des BSA hinsichtlich einer geringen Lagerneigung könnte für einen Anbau der Sorte sprechen.
Zusammenfassung
Der Grünroggenanbau spielt für die Grundfutterproduktion insbesondere bei Betrieben mit geringer Flächenausstattung nach wie vor eine Rolle und hat hier eine recht treue Anhängerschaft bei den Landwirten. Ist die natürliche Wasserversorgung sowohl für den Grünroggen als auch für die nachfolgende Hauptkultur - in der Regel Mais - gesichert, kann dies dank Ernte von zwei Kulturen im Jahr zu einer Verbesserung der Futtergrundlage sowohl für Rindvieh als auch für Biogasanlagen beitragen. Voraussetzung ist, dass die Summe beider Ernten deutlich höher als die Hauptfruchternte ohne entsprechende Vornutzung der Fläche ausfällt, damit sich der Grünroggenanbau letztlich wirtschaftlich lohnt. Der höhere Aufwand muss dabei berücksichtigt werden.
Da beim Grünroggenanbau die Ertragsleistung bei der Sortenentscheidung im Vordergrund steht, ist die altbekannte und ertragsstarke Sorte Protector nach wie vor die sicherste Wahl, wobei die Lagerneigung berücksichtigt werden muss. Es bleibt zu hoffen, dass künftig durch züchterische Aktivitäten neue interessante Sorten an den Start gehen werden.
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