Landessortenversuche 2022: Wintergerste
Die Wintergerste erreichte in diesem Jahr erfreulich hohe Erträge. Diese sind zum guten Teil auf die sehr hohen Hektolitergewichte zurückzuführen.
In Niedersachsen war 2022 die Anbaufläche von Wintergerste nach Angaben des Landesamtes für Statistik Niedersachsen (LSN) zum dritten Mal in Folge rückläufig. Die erste Schätzung, die im Mai veröffentlicht wurde, ging noch von einer Anbaufläche von 144.500 ha aus. In den vorläufigen Ergebnissen der Getreide- und Rapsernte 2022 (LSN, 23.08.2022) ist die Anbaufläche jedoch deutlich reduziert mit 137.400 ha angegeben, das entspricht ca. 7,4 % der Ackerfläche. Der Rückgang der Gerstenfläche ist sicherlich zu einem guten Teil auf die Ausdehnung des Rapsanbaus zurückzuführen, da hier die Marktaussichten im vergangenen Herbst deutlich attraktiver waren. Der Durchschnittsertrag ist nach Angaben des LSN mit 78,8 dt/ha gegenüber dem Vorjahr allerdings deutlich um 12,6 % gestiegen.
Generell hat sich aufgrund der aktuellen politischen Rahmenbedingungen das Marktgeschehen auch im Getreidebereich stark verändert. Die Nachfrage nach Getreide und damit einhergehend auch die Preise hatten deutlich angezogen, besonders nach den politischen Verwerfungen ab Februrar; aktuell sinkt das Preisniveau für Getreide jedoch wieder. Diese globalen Veränderungen sind entsprechend auch auf dem deutschen Markt spürbar und werden sich wohl auch auf die kommende Herbstaussaat auswirken. Da sich die heimische Nachfrage nach Futtergetreide deutlich abgeschwächt hat, könnte diese Entwicklung auch Auswirkungen auf den Wintergerstenanbau haben.
Vegetationsverlauf
Die Anlage der Versuche erfolgte im Zeitraum von der letzten September- bis zum Ende der ersten Oktoberdekade. In der Marschregion führten ergiebige Niederschläge zum Teil zu einer verzögerten Aussaat. Bei guten Wachstumsbedingungen im Herbst konnten sich die Bestände bis zum Winter insgesamt gut entwickeln. Vereinzelter später Zuflug von Blattläusen konnte gut kontrolliert werden. Generell waren dieses Jahr keine Auffälligkeiten hinsichtlich Virusbefall zu verzeichnen. An einzelnen Standorten trat früher Befall mit Mehltau auf, der bis zum Frühjahr aber nicht mehr relevant war.
Bis auf die kurze Frostperiode um Weihnachten war der Winter mild, es gab keine Auswinterungsschäden. Das Frühjahr war vergleichsweise kühl, es traten auch noch Nachtfröste auf und die Gerste entwickelte sich entsprechend langsam. Auf den nordöstlichen Sandstandorten wurde teilweise in der Praxis, aber auch auf den Versuchsstandorten beregnet, da ab März die Niederschläge recht gering ausfielen und die Bodenwasservorräte kontinuierlich beansprucht wurden. Der Krankheitsdruck war bis auf Ausnahmen eher gering, zum Teil trat relativ spät Befall mit Zwergrost und/oder Ramularia auf. Außerdem kam es an einigen Standorten zu Halm- und Ährenknicken, die in den Versuchen sortentypisch ausgeprägt auftraten. Durch die anhaltende Trockenheit und hohe Temperaturen Ende Juni/Anfang Juli reifte die Gerste schnell ab und die Ernte begann in der Praxis bereits Ende Juni, die ersten Versuche konnten ab Anfang Juli geerntet werden.
Die Erträge der diesjährigen Ernte waren sowohl in der Praxis als auch in den Landessortenversuchen (LSV) durchweg gut und besser als ursprünglich erwartet, was zum guten Teil auf hohe Hektolitergewichte (hl-Gewichte) zurückzuführen ist. In den einzelnen Anbauregionen wurden die Ertragsleistungen wieder durch die Wasserverfügbarkeit der Standorte beeinflusst. So konnten auf den Marsch-, den Höhenlagen- und den südhannoverschen Lehmstandorten Erträge oberhalb 100 dt/ha, zum Teil über 110 dt/ha gedroschen werden. Aber auch auf den gut mit Wasser versorgten nordwestlichen Lehmstandorten wie in Borwede (LK DH) wurden vergleichbare Mengen erreicht. Die Erträge der niedersächsischen Sandstandorte lagen in Abhängigkeit von der Wasserverfügbarkeit zwischen 72 und 92 dt/ha.
Ergebnisse der Landessortenversuche
Die Versuche wurden wieder für die sechs Anbaugebiete Marsch, Lehmstandorte Nordwest, Sandböden Nordwest, Sandböden Nordhannover, Lehmstandorte Südhannover und Höhenlagen Mitte/West durchgeführt. Dabei wurden teilweise auch Ergebnisse aus den Nachbarbundesländern SH (Marsch) und NRW einbezogen. Der mehrjährige Durchschnittsertrag wird mit Angabe der dahinterstehenden Anzahl Versuchsergebnisse ausgewiesen. Durch Einbeziehung der Vorprüfungsergebnisse aus WP- und EU-Prüfungen können die im LSV ein- und zweijährig geprüften Sorten bereits verlässlicher beurteilt werden. Es zeigte sich auch in diesem Jahr wieder, dass die Aussagekraft der Sortenergebnisse im Mittel der Prüfstandorte wesentlich aussagekräftiger ist als Einzelortergebnisse, da die Streuung der Einzelergebnisse von Standort zu Standort recht ausgeprägt sein kann. In den Ertragstabellen ist für das aktuelle Jahr die Spalte Minderertrag bei Verzicht auf Wachstumsregulatoren und Fungizide eingefügt. Die Werte geben entsprechende Hinweise auf die Robustheit der Sorten bei reduzierten Pflanzenschutzmaßnahmen bzw. deren Wegfall.
In den Prüfungen wurden 2022 wieder zahlreiche etablierte Sorten, darunter drei Hybriden, neben fünf neu vom Bundessortenamt (BSA) zugelassenen Sorten sowie einer EU-Sorte mit besonderen Eigenschaften getestet.
Der Anbau zweizeiliger Sorten spielt in Niedersachsen vornehmlich auf den ertragsschwächeren Sandstandorten eine gewisse Rolle, da sie hier mittlere Erträge mit zumeist sicheren hl-Gewichten erreichen. Wird die Gerste vermarktet, bekommt vor allem ihr hohes hl-Gewicht als Qualitätskriterium eine entsprechende Bedeutung. Auf die Sorten im Einzelnen soll folgend näher eingegangen werden.
Empfohlene Sorten - mehrzeilig
Esprit wird von den aktuell geprüften Sorten aufgrund ihrer hohen und konstanten Ertragsleistung in allen Anbauregionen klar empfohlen. Darüber hinaus sind die Strohstabilität und Blattgesundheit sowie ein sehr hoher Marktwareanteil und ein gutes hl-Gewicht positiv hervorzuheben. Gegenüber Ramulariabefall wird sie als wenig anfällig eingestuft, leichte Schwächen zeigt sie aktuell in der Standfestigkeit.
SU Midnight ist eine zweijährig geprüfte doppelt GMV resistente Sorte, sie konnte in allen Anbaugebieten in diesem Jahr ertraglich überzeugen. In fünf der sechs Anbauregionen erhält sie eine uneingeschränkte Anbauempfehlung, die durch die 2xGMV-Resistenz sowie ihre Strohstabilität und Blattgesundheit weiter untermauert wird. Eingeschränkt empfohlen ist sie auf den Lehmstandorten Nordwest aufgrund etwas schwächerer mehrjährig verrechneter Erträge.
Viola ist für die Anbauregionen Marsch, Sandböden Nordhannover sowie Sandböden Nordwest trotz etwas schwankender Erträge aufgrund mehrjährig überdurchschnittlicher Ertragsleistungen und ihrer Strohstabilität empfohlen. Zu beachten ist die gewisse Schwäche gegenüber Mehltau.
Melia konnte ihre hohen letztjährigen Erträge auf den Lehmstandorten Nordwest, den Lehmböden Südhannover und in den Höhenlagen Nord/West bestätigen und damit dort auch mehrjährig ihre Leistung und die Anbauempfehlung untermauern. Während der hohe Marktwareanteil und das hl-Gewicht für ihren Anbau sprechen, müssen allerdings Schwächen in der Strohstabilität und Standfestigkeit sowie die Empfindlichkeit gegenüber Netzflecken und Zwergrost beachtet werden. Positiv sind die Robustheit gegenüber Mehltau, Rhynchosporium und Ramularia zu erwähnen.
KWS Orbit büßte ihre Anbauempfehlung aufgrund schwacher diesjähriger Ergebnisse in einzelnen Anbauregionen ein. Sie wird dank guter Leistungen für die Lehmböden Südhannover nach wie vor empfohlen; eingeschränkt noch auf den Lehmstandorten Nordwest sowie den Höhenlagen. Ihre hohe Anbaubedeutung beruht auf den positiven Eigenschaften hohes hl-Gewicht, hoher Marktwareanteil und Strohstabilität. Zu beachten sind die Schwächen gegenüber Rhynchosporium und Zwergrost.
Teuto konnte ihre guten Vorjahresleistungen insbesondere in den beiden Sandregionen nicht wiederholen. Sie wird daher aufgrund mehrjährig hoher Erträge für die Anbauregionen Lehmböden Südhannover, Lehmstandorte Nordwest und eingeschränkt für die Höhenlagen empfohlen. Die Strohstabilität und Blattgesundheit, besonders gegenüber Zwergrost, und die geringe Ramulariaanfälligkeit sprechen für ihren Anbau. Lediglich die mittlere Standfestigkeit ist zu berücksichtigen. Bei der Vermarktung sind der hohe Marktwareanteil sowie ein hohes hl-Gewicht hervorzuheben.
KWS Morris bestätigte im zweiten Prüfjahr ihre sehr gute Blattgesundheit und auch Strohstabilität. Auf den Marschstandorten konnte sie dieses Jahr sehr gut überzeugen und wird dort wie auch für die Höhenlagen klar empfohlen. Bei insgesamt eher mittleren Erträgen erhält sie für die Sandstandorte eine eingeschränkte Empfehlung.
SU Jule wurde aufgrund schwacher Vorjahresleistungen nicht mehr in allen Anbauregionen geprüft. Gute Ergebnisse erreichte sie in diesem Jahr noch auf den Lehmböden Südhannover, wo sie weiterhin trotz Ertragsschwankungen zwischen den Jahren voll empfohlen wird. Für ihren Anbau sprechen die sehr gute Strohstabilität und Standfestigkeit sowie die sehr hohen Qualitäten. Die Mehltauanfälligkeit ist zu beachten.
Die doppelt GMV resistente Sorte KWS Memphis erreichte nur auf den Höhenlagenstandorten mittlere Erträge und wird aufgrund ihrer Resistenzeigenschaften dort empfohlen. Sie weist sehr gute Marktwareanteile und hl-Gewichte auf und ist darüber hinaus auch standfest und strohstabil. Insbesondere gegenüber den älteren 2xGMV resistenten Sorten stellt sie in den qualitativen Eigenschaften eine deutliche Verbesserung dar.
Hybridsorten:
Von den Hybridsorten zeichnet sich SY Galileoo durch eine sehr hohe Ertragskonstanz in den Jahren und auch innerhalb der Anbauregionen aus. In der Marsch, auf den Sandböden Nordwest und Nordhannover sowie den Lehmstandorten Nordwest erreichte sie mehrjährig überdurchschnittliche Ertragsleistungen, die aktuell die Mehrkosten beim Saatgut klar kompensieren. Vor allem die Ertragskonstanz sowie die Blattgesundheit sprechen für ihren Anbau. Lediglich auf den Lehmböden Südhannover und den Höhenlangen waren die Ertragsvorteile weniger ausgeprägt, sodass hier die höheren Saatgutkosten gegenüber den beschriebenen Vorteilen abzuwägen sind. Zu beachten sind die Lageranfälligkeit und die schwächere Strohstabilität. Alle geprüften Hybridsorten weisen gegenüber Ramulariabefall eine geringe Anfälligkeit auf.
Die Hybridsorte Jettoo wird von Züchterseite bzw. vom Vertrieb nicht mehr in allen Anbauregionen weiterverfolgt und wurde dort daher auch nicht weiter geprüft (Lehmstandorte Nordwest, Höhenlagen Nord/West). Eine Anbauempfehlung erhält sie dank hoher Erträge für die Marsch, die Sandböden Nordwest und die Lehmböden Südhannover. Während die Blattgesundheit und die geringe Ramulariaanfälligkeit sowie gute hl-Gewichte positiv hervorzuheben sind, sollte die mittlere Standfestigkeit beachtet werden.
Die Hybridsorte SY Baracooda wurde ebenfalls nicht mehr in allen Anbauregionen getestet (Marsch und Sandstandorte). Ihre besten Leistungen erzielte auf den Höhenstandorten, wo sie uneingeschränkt empfohlen wird. Auf den Lehmstandorten Nordwest und Lehmböden Südhannover sind die Saatgutmehrkosten zu berücksichtigen. Für einen Anbau sprechen in erster Linie die guten Vermarktungsparameter Marktwareanteil und hl-Gewicht. Die mittlere Standfestigkeit sowie Schwächen im Ährenknicken und gegenüber Zwergrostbefall sind zu berücksichtigen.
Aktuell zeichnet sich ab, dass die Preisdifferenzen zwischen Saatgut von Hybridsorten und Liniensorten bezogen auf die Saatgutkosten je Hektar enger beieinander liegen werden als in den Vorjahren, sodass bei den derzeit hohen Markterlösen je Dezitonne sich die erforderlichen Mehrerträge für Hybridgerste auf ca. 1 dt/ha reduzieren, um ökonomisch vergleichbare Ergebnisse wie die Populationssorten zu erzielen. Dank dieser Tatsache und der oben bereits erwähnten Ertragskonstanz auch unter eher schwierigen Anbaubedingungen könnte somit der Hybridgerstenanbau tendenziell ausgedehnt werden.
Empfohlene Sorten - zweizeilig
Von den geprüften zweizeiligen Sorten konnte Bordeaux ertraglich in der Marsch und auf den Sandstandorten Nordhannover überzeugen. Uneingeschränkt ist sie wegen guter mehrjähriger Erträge in der Marsch empfohlen. Dank der sehr guten Qualitäten wird sie bei mittleren Erträgen auch noch auf den Sandböden Nordwest und Nordhannover eingeschränkt empfohlen. Mit Ausnahme der Ramulariaanfälligkeit ist sie als blattgesund einzustufen. Vor allem die hohen hl-Gewichte sind Veranlassung, die Sorte insbesondere für ertragsschwächere Standorte zu berücksichtigen.
SU Laubella zeigte vor allem auf den Sandböden Nordhannover sehr gute Leistungen. Empfohlen wird sie auch für die nordwestlichen Sandböden. Im Gegensatz zu Bordeaux scheint sie gegenüber Ramularia etwas günstiger eingestuft werden zu können; vor allem gegenüber Mehltau und Rhynchosporium ist sie sehr gut eingestuft. Die Qualitätsparameter Marktleistung und hl-Gewicht sowie die allgemeine Blattgesundheit und Strohstabilität, die alle geprüften zweizeiligen Sorten auszeichnet, sind ebenfalls hervorzuheben.
KWS Moselle zählt aus agronomischer Sicht ebenfalls zu den blattgesunden und strohstabilen zweizeiligen Sorten, die jedoch ertraglich im mehrjährigen Vergleich etwas unterdurchschnittliche Ergebnisse erzielte und damit keine direkte Anbauempfehlung erhält.
Für den Probeanbau kommen folgende Sorten in Frage:
Im aktuellen Versuchsjahr 2022 wurden weitere neue, vom Bundessortenamt zugelassene Sorten in die Landessortenversuche gestellt. Es handelt sich dabei mit Julia, Avantasia und SU Hetti um sehr ertragreich eingestufte Sorten, die zudem auch gegenüber Gelbmosaikvirus Typ 1 und 2 resistent sind, letztere auch gegenüber dem Milden Gerstenmosaikvirus. Die GMV resistente Sorte Winnie sowie die Hybride SY Dakoota standen ebenfalls im ersten LSV-Jahr.
Zu den Sortenleistungen im Einzelnen:
Julia konnte ihre guten Vorprüfungsergebnisse auch in den LSV-Prüfungen weitestgehend bestätigen und wird daher für alle Anbauregionen in Verbindung der doppelten GMV-Resistenz eingeschränkt für den Probeanbau empfohlen, uneingeschränkt dank ertraglich besonders überzeugender Leistungen für die Lehmstandorte Nordwest und Lehmböden Südhannover. Darüber hinaus überzeugte die Sorte durch eine gute Blattgesundheit und Strohstabilität mit hohem Marktwarenanteil.
SY Dakoota absolvierte, obwohl bereits 2020 zugelassen, ihr erstes LSV-Jahr 2022. Ertraglich konnte sie auf den Sandstandorten sowie den Lehmstandorten Nordwest überzeugen, sodass auch unter Berücksichtigung höherer Saatgutkosten ein Probeanbau gerechtfertigt erscheint. Zusätzlich bietet sie gegenüber den etablierteren Hybriden insbesondere in der Strohstabilität und Blattgesundheit eine Verbesserung. Hervorzuheben sind auch die guten Qualitätsparameter.
Winnie konnte vor allem auf den Lehmböden Südhannover und in den Höhenlagen Nord/West ertraglich überzeugen und wird dort für den Probeanbau empfohlen. Wie Julia zeichnet sie sich ebenfalls durch Blattgesundheit - besonders gegenüber Zwergrost - und Strohstabilität aus. Hervorzuheben ist auch das hohe hl-Gewicht und der sehr gute Marktwareanteil.
Avantasia erzielte in der Marsch, auf den Sandböden Nordwest und Nordhannover sowie auf den Lehmstandorten Nordwest hohe Erträge und erhält dort eine eingeschränkte Empfehlung für den Probeanbau. Im Gegensatz zur Sorte Julia aus gleichem Züchterhaus ist sie schwächer gegenüber Blattkrankheiten, besonders gegenüber Zwergrost, und auch die geringere Strohstabilität ist zu beachten.
Die strohstabile und blattgesunde 2xGMV resistente Sorte SU Hetti konnte in diesem Prüfjahr ertraglich noch nicht überzeugen. Hier müssen weitere Ergebnisse abgewartet werden.
Gerstengelbverzwergungsresistente (GvzV) Sorten
Im vergangenen Jahr traten durch das Gerstengelbverzwergungsvirus auf einzelnen Schlägen erheblich Schäden mit entsprechend hohen Ertragseinbußen auf.
Derzeit gibt es bereits einzelne vom BSA zugelassene Sorten mit entsprechender Resistenz.
Mit KWS Exquis wurde eine neue GvzV-resistente Sorte mit mittlerer Ertragseinstufung neu aufgenommen. Sie zeigte ertraglich vor allem auf den Sandböden Nordwest und Nordhannover gute Leistungen. Die weiteren agronomischen Merkmale wie Blattgesundheit, Strohstabilität sowie ein hohes hl-Gewicht sind positiv hervorzuheben. Aufgrund ihrer besonderen Resistenzeinstufung ist die Sorte für alle Anbauregionen trotz ihrer zum Teil auch leicht unterdurchschnittlichen Erträge für GvzV-gefährdete Standorte für den Probeanbau empfohlen.
Abweichend von der üblichen Vorgehensweise ist mit Sensation zusätzlich eine nicht in den offiziellen Vorprüfungen getestete Sorte aufgenommen worden, weil sie derzeit ein Alleinstellungsmerkmal hat und bereits eine recht hohe Anbaubedeutung besitzt. Sie ist neben der doppelten Gelbmosaikvirusresistenz auch gegenüber dem Gerstengelbverzwergungsvirus resistent. Sie wurde mit Ausnahme der Marschstandorte und der nordhannoverschen Sandstandorte erstmalig im LSV geprüft. In den Regionen Lehmstandorte Nordwest, Lehmböden Südhannover und in den Höhenlagen Nord/West erzielte sie vergleichbare Ertragsleistungen wie KWS Exquis. Auf den Sandböden Nordwest lagen die Erträge auf leicht unterdurchschnittlichem Niveau, allerdings deutlich schwächer als KWS Exquis. In den agronomischen Merkmalen, Strohstabilität und Blattgesundheit konnte sie noch nicht überzeugen. Allerdings sind die guten hl-Gewichte zu erwähnen.
Mit der Prüfung der beiden neuen GvzV-resistenten Sorten KWS Exquis und Sensation wurde also dem 2021 aufgetretenen Virusbefall entsprechend Rechnung getragen und die ertragsschwächere Sorte Paradies in den Versuchen abgelöst. An ausgewählten Standorten (Poppenburg, LK HI, Borwede, LK DH, Astrup, LK OS) jedoch wurden neben den beiden neuen Sorten auch noch Paradies sowie Idilic, LG Caiman und Integral zusätzlich geprüft. Im Mittel der drei Standorte lagen diese ertraglich alle mehr oder weniger unterhalb der Erträge von KWS Exquis und Sensation.
Ein komprimierter Überblick über die für die einzelnen Anbauregionen empfohlenen Sorten sind der Empfehlungstabelle, die Einstufungen der Sorteneigenschaften in der entsprechenden Eigenschaftstabelle zusammenfassend dargestellt.
Hl-Gewicht ist wichtiges Qualitätskriterium
Während die Mindestnormen beim hl-Gewicht im vergangenen Jahr vielfach nicht erreicht wurden, weil die Kornfüllungsphase je nach Anbauregion stärker beeinträchtigt war, bildeten die hohen Werte in diesem Jahr die Grundlage für die durchweg guten bis teilweise sehr guten Erträge. Beim Vergleich der unterschiedlichen Anbauregionen wird im Prinzip das erwartbare Ergebnis erkennbar, da auf den ertragsstärksten Standorten auch die höchsten hl-Gewichte erzielt wurden.
2022 erreichten die drei zweizeiligen Sorten KWS Moselle, Bordeaux und SU Laubella die höchsten hl-Gewichte. Aber auch SU Jule, SY Baracooda, SY Dakoota und KWS Memphis erzielten hohe Werte.
Zusammenfassung
Durch die aktuelle politische Situation haben sich deutliche Veränderungen auf den Märkten auch im landwirtschaftlichen Bereich ergeben. Inwieweit sich dies auch auf den Wintergerstenanbau auswirkt, ist derzeit schwierig abzuschätzen. Die Erträge der diesjährigen Wintergerstenversuche haben das hohe Leistungsvermögen dieser Kultur aufgezeigt und in Verbindung mit attraktiven Marktpreisen hat die Gerste auch ökonomisch durchaus überzeugt.
Die Sortenempfehlungen des letzten Jahres konnten zum Teil eindrucksvoll bestätigt werden. Auch von den neuen Kandidaten bieten sich einige zum Probeanbau an, insbesondere Sorten, die neben gutem Ertrag auch über Strohstabilität, Blattgesundheit und gute Qualitäten verfügen. Im Hinblick auf das Gerstengelbverzwergungsvirus hat die Züchtung verbesserte Sorten entwickelt, sodass hier für gefährdete Standorte auch durch entsprechende Sortenwahl ein reduzierter Pflanzenschutzmitteleinsatz ermöglicht wird. Derartige Sorten könnten künftig noch stärkere Bedeutung erlangen.
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