Landessortenversuche 2016: Winterroggen
Aufgrund der schwachen Preise für Brotroggen im Jahr 2015, die ca. 2,- € unter Gersten- und C-Weizenpreis lagen, wurde der Roggenanbau im vergangenen Herbst wieder deutlich heruntergefahren. Hohe Bestände aus 2015 mit guten Qualitäten ließen eine Preiserholung für Brotroggen auch für das kommende Erntejahr nicht erwarten. Dadurch ist der Rückgang von mehr als 10.000 ha auf nunmehr 122.400 ha anhand der vorläufigen Zahlen der GAP-Statistik aus dem Antragsverfahren 2016 zu erklären. Bundesweit gesehen rangiert Niedersachsen nach Brandenburg an zweiter Stelle im bundesweiten Vergleich für den Roggenanbau. Die Ertragserwartungen gehen in Niedersachsen von einer durchschnittlichen Ernte aus; sprich, die hohen Erträge aus dem Vorjahr werden voraussichtlich nicht erreicht.
Ergebnisse der Sorten
Nach wie vor stammen die am Markt befindlichen und die durch das Bundessortenamt neu zugelassenen Sorten aus den Züchterhäusern Hybro/Saaten-Union und KWS Getreide. Einzelne Sorten werden von weiteren Vertriebsfirmen in den Markt gebracht, wie z. B. die Sorte SU Composit; sie wird nunmehr durch die BayWa vertrieben. Die Ergebnisse aus den Landessortenversuchen weisen auf einen Ertragsrückgang von ca. 5 % im Vergleich zum Vorjahr hin, der damit gegenüber den anderen Winterungen geringer ausfällt. Im Mittel der Sorten werden in den Anbauregionen Versuchserträge zwischen 95 und 100 dt/ha erreicht.
Die Landessortenversuche Winterroggen wurde in drei Anbauregionen, den Sandböden West und Nordhannover, sowie auf den leichteren westlichen Lehmstandorten getestet. Standortergebnisse aus NRW fließen für die westlichen Regionen mit ein.
Von den im Anbau dominierenden Hybridsorten wurden neun in allen Anbaugebieten und zusätzlich zwei (KWS Bono und Brasetto) regional geprüft. Conduct wurde als einzige Populationssorte angebaut, um daran den züchterischen Fortschritt der neueren Sorten ablesen zu können.
Neben den Ertragsleistungen, die im Folgenden für die Anbauregionen detailliert vorgestellt werden, sind aber auch weitere Beurteilungskriterien wichtige Gesichtspunkte bei der Sortenwahl. Um als Brotroggen verkauft werden zu können, ist eine hohe Fallzahl als Qualitätskriterium ein wichtiger Aspekt. Generell für den Verkauf der Ernteware ist entscheidend, dass kein oder nur ein sehr geringer Anteil an Mutterkorn (siehe Absatz Problematik Mutterkorn) vorhanden ist. Aber auch die Anfälligkeit gegenüber Krankheiten und Mängel in der Standfestigkeit gilt es zu berücksichtigen.
In der Anbauregion der Sandböden West erreichen 2016 SU Forsetti und SU Performer die höchsten Erträge, gefolgt von SU Nasri, KWS Daniello, KWS Gatano und SU Cossani. SU Composit, KWS Bono und Palazzo enttäuschten. Die in den beiden letzten Jahren ertraglich überzeugende SU Mephisto erreichte nur ein durchschnittliches Ergebnis. Im mehrjährigen Vergleich konnten SU Forsetti, SU Performer und SU Cossani mit jeweils überdurchschnittlichen Erträgen überzeugen. Bei SU Mephisto ist der erwähnte Leistungsabfall in 2016 zu berücksichtigen. SU Nasri zeigte sehr gute Leistungen in beiden Prüfjahren. Die beiden erstmals geprüften Sorten KWS Daniello und KWS Gatano konnten ertraglich überzeugen.
SU Forsetti wiederholt auf den Sandböden Nordhannover die sehr guten Leistungen der Vorjahre. SU Mephisto erreicht wie SU Composit wiederum überdurchschnittliche Erträge. Auch SU Performer, SU Nasri und die altbekannte Sorte Palazzo zeigen gute Leistungen. Insgesamt sind die Ertragsunterschiede in dieser Anbauregion zwischen den Sorten weniger ausgeprägt. Mehrjährig betrachtet kann vor allem SU Forsetti aufgrund der konstant hohen Erträge überzeugen. SU Cossani erreicht trotz durchschnittlicher Ergebnisse in diesem Jahr insgesamt ebenfalls hohe Leistungen. SU Composit und SU Mephisto zeigen sehr konstante gute Erträge. SU Nasri konnte den Spitzenertrag des Vorjahres nicht wiederholen, ist zweijährig dennoch als ertragsstarke Sorte einzustufen. Die beiden neuen Sorten KWS Daniello und KWS Gatano weisen ein durchschnittliches erstes Ertragsergebnis auf.
Auch in der Anbauregion der Lehmböden erreicht SU Forsetti den höchsten Ertrag, gefolgt von SU Performer, SU Mephisto und KWS Daniello.
Damit liefert sie auch mehrjährig die höchsten Erträge, die wie die dahinter liegende Sorte SU Performer durch konstant hohe Leistungen positiv auffällt. SU Cossani und SU Composit folgen dahinter mit guten Ergebnissen. SU Nasri erzielt zweijährig leicht überdurchschnittliche Ergebnisse. Die etablierten Sorten Palazzo und SU Mephisto liegen nach wie vor auch auf einem hohen Niveau. Von den einjährigen Sorten konnte in erster Linie KWS Daniello überzeugen.
Für die Populationssorte Conduct kann zusammenfassend über die drei Anbauregionen festgestellt werden, dass sie mit einem durchschnittlichen Minderertrag von ca. 10 % aus ertraglicher Sicht keine Alternative zu Hybridsorten darstellt. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass der Nachbau von Hybriden, aber auch synthetischer Sorten, auf Grundlage des Sortenschutzgesetzes verboten ist. Auch aus ackerbaulicher Sicht ist jedoch von einem Nachbau abzuraten, weil hier Versuchsergebnisse bei beiden Sortentypen unwirtschaftliche Ertragsrückgänge gezeigt haben.
Qualitätsergebnisse
Die Hektolitergewichte präsentieren sich wie schon in den beiden Vorjahren sehr erfreulich, wobei die Sortenunterschiede 2016 weniger stark ausgeprägt sind. Insbesondere SU Forsetti bestätigt die hohen Werte der Vorjahre.
Die Fallzahl, als Schnellbestimmungskriterium für die Backqualität, zeigt 2016 auf den Standorten, wo die Beerntung vor der letzten Feuchtwetterperiode - also bis Anfang August - geerntet wurde, hohe Werte und damit gute Qualitäten. Die Ergebnisse der Fallzahluntersuchungen bei später Ernte (nach dem 15. Aug.) liegen derzeit noch nicht vor; aus der Praxis jedoch wird vielfach nur noch von geringen Werten (unter 100) berichtet. Auf Basis der vorhandenen Ergebnisse erzielt SU Performer wie in den letzten Jahren mit deutlichem Abstand wieder die besten Ergebnisse. Auch SU Cossani, sowie die neuen Sorten KWS Daniello und KWS Gatano liefern hohe Werte. Im Vorjahr hat sich gezeigt, dass nach einer Schlechtwetterperiode die Sortenrangierung bei der Fallzahl erhalten blieb; dieses bleibt aktuell für 2016 abzuwarten.
Für die tatsächliche Beschreibung des Backverhaltens von Roggen ist der so genannte Amylogrammwert, der in keiner direkten Beziehung zur Fallzahl steht, von wesentlich größerer Bedeutung; allerdings gibt es zur Ermittlung dieses Parameters noch keine geeignete Schnellbestimmungsmethode.
Fungizid- und Wachstumsreglereinsätze 2016
Der Verzicht auf den Wachstumsreglereinsatz hatte auf vielen Versuchsstandorten starkes Lager in der unbehandelten Stufe zur Folge. Dementsprechend waren die Ertragsunterschiede zwischen der behandelten und unbehandelten Variante stärker ausgeprägt und rechtfertigten den Einsatz auf den meisten Standorten. Generell konnten durch die Kombination Wachstumsregler plus Fungizideinsatz wirtschaftliche Mehrerträge erzielt werden. Während die Sortenunterschiede in der unbehandelten Stufe durch die generell starke Lagerneigung weniger zum Ausdruck kamen, war in der behandelten Stufe auch keine deutliche Sortendifferenzierung auszumachen.
Problematik Mutterkorn
Das Thema Mutterkorn war in diesem Jahr zum Teil wieder relevant und wird vom Erfassungshandel und den Mühlen sehr sensibel betrachtet.
Ein Befall mit diesem Pilz ist von Bedeutung für Nahrungs- und Futtergetreide wegen der im Mutterkorn enthaltenen Alkaloide und deren Toxizität für Mensch und Tier. Roggen ist aufgrund seines offenen Abblühverhaltens besonders gefährdet, doch auch andere Getreidearten wie Weizen, Triticale u.a. können betroffen sein.
Im Handel herrschen strenge Grenzwerte für den Besatz mit Mutterkorn. Diese liegen bei Getreide, das für die menschliche Ernährung Verwendung findet bei 0,05 % Gewichtsprozent, für Futtergetreide bei 0,1% Gewichtsprozent.
Neben produktionstechnischen Möglichkeiten zur Vermeidung des Auftretens von Mutterkorn spielt die Sortenwahl eine entscheidende Rolle. Die Sorten aus dem Hause Hybro/Saaten-Union werden mit einer 10 %igen Zumischung von Populationssorten, die über ein höheres Pollenschüttungsvermögen verfügen, vermarktet. Hierdurch wird die Gefahr des Mutterkornbesatzes gemindert. Sehr hoch anfällige Sorten werden von diesem Züchterhaus mittlerweile nicht mehr weiter verfolgt. Die Sorten aus dem Hause KWS Getreide hingegen sind laut Einstufung des Bundessortenamtes günstiger gegenüber Mutterkornbeatz eingestuft und benötigen diese Beimischung nicht. Von den aktuellen Sorten sind SU Mephisto und SU Performer noch als mittel bis stark anfällig beschrieben. Die Sortenunterschiede werden, wenn auch auf einem geringen Niveau in den aktuellen LSV-Ergebnissen erkennbar.
Zusammenfassung
Unter Berücksichtigung der Ertragsleistungen und der Einstufung zur Anfälligkeit gegenüber Mutterkorn lassen sich folgende Sorten empfehlen. SU Forsetti überzeugt in allen drei Anbauregionen mit überdurchschnittlichen Erträgen, die auch konstant über die Jahre erzielt wurden. Im Merkmal Mutterkorn und Fallzahl wird sie durchschnittlich bewertet. SU Cossani konnte ebenfalls in den Regionen gleichermaßen ertraglich überzeugen und ist gegenüber der Anfälligkeit für Mutterkorn auch durchschnittlich eingestuft. Sie weist etwas höhere Fallzahlen auf. SU Composit zeigte auf den Sandböden Nord und den Lehmböden hohe Ertragsleistungen bei mittlerer Einstufung bei Mutterkorn und etwas schwächerer Fallzahl. Als zweijährig geprüfte Sorte konnte SU Nasri ertraglich überzeugen bei durchschnittlicher Einstufung von Mutterkornanfälligkeit und Fallzahl. Von den neuen Sorten empfiehlt sich KWS Daniello für den Probeanbau, insbesondere auf den Sandstandorten Nordwest sowie auf den Lehmböden. Dieses resultiert vor allem daraus, weil sie, wie KWS Gatano, besser im Merkmal Mutterkorn eingestuft ist und auch bei der Fallzahl überzeugt. KWS Gatano bietet sich aufgrund der Ertragsleistungen und vergleichbarer Qualitätseigenschaften für die Region Sandböden West für den Probeanbau an. Bei der sehr ertragsstarken Sorte SU Performer und der etablierten Sorte SU Mephisto ist die Anfälligkeit gegenüber Mutterkornbesatz kritisch zu sehen, wobei SU Performer in allen Jahren die besten Fallzahlen aufgewiesen hat. Aus beiden Züchterhäusern stehen also anbauwürdige Sorten zur Verfügung, die bei angepasster Produktionstechnik nach wie vor auch einen wirtschaftlichen Winterroggenanbau ermöglichen.
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