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Qualitäten der Winterweizensorten im Landesortenversuch 2024

Webcode: 01043480
Stand: 12.09.2024

Die Versorgung der heimischen Mühlen bzw. Verarbeiter konnte auch in diesem Jahr nur sehr begrenzt sichergestellt werden,. Wieder einmal machten die Witterungsbedingungen, aber auch die allgemeinen Rahmenbedingungen die Erzeugung ausreichender Mengen an  Qualitätspartien nicht möglich. 

 

Weizenkörner in Händen
WeizenkörnerWilli Thiel
Die diesjährige Weizenernte verlief im Vergleich zum Vorjahr deutlich entspannter. Sicherlich wurde sie auch wieder durch einzelne Regenereignisse unterbrochen, die aber keinen mehrtägigen Stillstand der Erntearbeiten nach sich zogen. So konnte praktisch kein Auswuchs in der Ähre bzw. am Korn festgestellt werden, was sich auch an den insgesamt hohen Fallzahlen der abgelieferten Partien zeigte. Gravierende Lagerprobleme aufgrund von Starkniederschlägen wie im Juni 2023 mit daraus folgenden Auswuchsproblemen traten, wenn überhaupt, nur in Einzelfällen auf. Entsprechend waren in diesem Jahr auch die für die Vermarktung ebenfalls relevanten Hektolitergewichte (hl-Gewichte) besser als 2023, ohne jedoch Spitzenwerte zu erreichen.

Die insgesamt eher schwachen Hektarerträge hatten also andere Ursachen. Hauptpunkt waren sicherlich die vielfach stark vernässten Böden in der Aussaat- und Auflaufphase sowie während der Jungendentwicklung mit der Folge einer mangelnden Durchlüftung und Sauerstoffversorgung in der oberen Bodenschicht. Dies zog schlecht ausgebildete und nicht in die Tiefe gewachsene Wurzeln nach sich, die dann auch nicht zu einer optimalen Pflanzenernährung beitragen konnten. Hinzu kam, dass die Bekämpfung von Pilzkrankheiten, die zum Teil bereits vor Winter in den Beständen festgestellt wurden und die sich auch im zeitigen Frühjahr zeigten, aufgrund fehlender Befahrbarkeit der Böden nicht termingerecht durchgeführt werden konnte. Auch Düngungsmaßnahmen erfolgten zum Teil verzögert.

Die bereits sehr früh aufgetretenen ungünstigen Wachstumsbedingungen führten letztlich dazu, dass die Weizenerträge gegenüber dem Vorjahr nochmals um 6 % gesunken sind. Wie in jedem Jahr ist auch für 2024 festzuhalten, dass es wieder deutliche regionale Unterschiede, zum Teil auch kleinräumig, gegeben hat. Auf den leichteren und damit wasserdurchlässigeren Standorten fielen die Ertragsrückgänge insgesamt geringer aus, da fehlender Niederschlag 2024 dort nicht der entscheidende Ertragsfaktor war. Von schwereren Standorten gab es auch Rückmeldungen aus der Praxis bzw. von Versuchsstandorten,[ dass dort trotz starker Vernässung der Flächen noch akzeptable Erträge gedroschen werden konnten.

Die herrschenden Bedingungen führten letztlich dazu, dass nach den vorläufigen Schätzungen ca. 2,1 Mill. t Weizen geerntet wurden und damit die Erntemenge gegenüber dem Vorjahr um ca. 25,5 % geringer ausfiel. Neben den schwächeren Erträgen war hierfür in erster Linie der massive Flächenrückgang von 21 % aufgrund von zwar geplanten, aber nicht bestellbaren Flächen sowie Umbruch von zu stark vernässten Flächen der Grund.

Bereits in den vergangenen Jahren wurden die geringen Rohproteingehalte intensiv diskutiert, da vielfach die geforderten Mindestnormen nicht erfüllt wurden, was entsprechende Preisabschläge zur Folge hatte. Auch in diesem Jahr konnten viele als Backweizen angebaute Bestände nur noch als Futterweizen vermarktet werden. Ursache waren hier zum einen die insgesamt bereits angesprochene eingeschränkte Nährstoffaufnahme aus dem Boden und zum anderen sicherlich auch die gesetzlichen Beschränkungen bei der Düngung, insbesondere in den mit Nitrat belasteten „Roten Gebieten“.

Das sich verknappende Angebot an Qualitätsweizen vor Ort führt auf der anderen Seite zu größeren Aufschlägen für Qualitätsware. Der regionale Landhandel und die Mühlen empfehlen, diese Aufgelder für eine zeitnahe Vermarktung zu nutzen, bevor die benötigte Ware aus anderen Regionen beschafft wird. Es sollte vermieden werden, dass Qualitätsweizenpartien kurz vor der neuen Ernte aufgrund geringer Nachfrage nur noch als Futterweizen veräußert werden können, weil sich die Mühlen bereits vorab durch Importe eingedeckt haben.

Insgesamt rücken die sehr hohen Marktpreise des Jahres 2022 in weite Ferne. Auch gegenüber dem Vorjahr war ein weiterer Preisrückgang von 6 % zu verzeichnen, sodass derzeit von Durchschnittspreisen beim Weizen von unter 20,- €/dt ausgegangen wird. Auf Grund des begrenzten heimischen Qualitätsweizenangebotes sind die Preisaufschläge für qualitativ hochwertige Ware auf einem guten Niveau; gedrückt werden die Aufgelder durch günstige Bezugsmöglichkeiten aus dem Ausland, vorrangig aus der Schwarzmeerregion.

Regional wurde von einem stärkeren Mutterkornbesatz nicht nur beim Roggen, sondern auch beim Weizen berichtet, insbesondere Flächen mit Gräserdurchwuchs waren hier stärker betroffen. Probleme durch Ährenfusarium waren hingegen eher die Ausnahme, obwohl die zeitweiligen Niederschläge während der Blühphase anfangs als kritisch angesehen wurden.

Unterschiedliche Modalitäten bei der Vermarktung

Der Rohproteingehalt (RP-Gehalt) spielt bei der Vermarktung augenscheinlich wieder eine größere Rolle, auch wenn er seit 2019 nicht mehr Bestandteil der Qualitätseinstufung von Winterweizensorten durch das Bundessortenamt (BSA) ist. Ein Großteil des Qualitätsweizens wird jedoch nach wie vor auf Basis der für den Export ausschlaggebenden Konditionen gehandelt und die möglichen Preisaufschläge orientieren sich aktuell, fachlich gerechtfertigt oder nicht, noch immer vornehmlich am Rohproteingehalt - die Erfüllung der übrigen geforderten Qualitätskriterien wie Fallzahl und hl-Gewicht vorausgesetzt. Ein Verfehlen der geforderten Werte führt zu entsprechenden Preisabschlägen.

Um qualitativ hochwertige Backwaren zu produzieren, spielen aus Sicht der verarbeitenden Branche weniger die erwähnten RP-Gehalte, sondern andere Parameter wie z. B. der Feuchtklebergehalt eine wesentlich wichtigere Rolle. Da die RP-Gehalte gegenüber dem Vorjahr um etwa 0,4 Prozentpunkte niedriger lagen, zeigten die Untersuchungen der LSV-Qualitätsergebnisse auch bei den sogenannten Sedimentationswerten - ein für die Beschreibung der Backqualität derzeit häufig herangezogener Parameter - gleichgerichtet zum RP-Gehalt ein schwächeres Niveau.

Im Vertragsanbau werden in der Regel Abnahmeverträge direkt mit dem Verarbeiter geschlossen und bereits vor der Aussaat die entsprechenden Sorten für den Anbau vereinbart und zu erfüllende Qualitätskriterien festgelegt. Aufgrund der oben beschriebenen Probleme konnten sicherlich viele Verträge nicht erfüllt werden und entsprechende Abzüge mussten in Kauf genommen werden; hier kam es dann auf für beide Seiten akzeptable Kompromisse an.

Die Sortenwahl spielt generell bei der Produktion von Qualitätsweizen eine entscheidende Rolle, wobei die Kombination aus hoher Ertragsleistung und die Erfüllung geforderter Qualitätsnormen für den Landwirt am wirtschaftlichsten ist. Ein Verzicht auf Ertrag bei besserer Qualität sollte dann entsprechend vom Verarbeiter honoriert werden.

Qualitätsergebnisse der in den Landessortenversuchen geprüften Sorten

In den bereits veröffentlichten Ergebnissen der Landessortenversuche wurden neben der Ertragsleistung zahlreiche weitere agronomische Eigenschaften wie Lagerneigung und Festigkeit gegenüber Krankheiten beschrieben. Die wichtigsten Faktoren für die Qualitätseinstufung hingegen sollen im Folgenden vorgestellt werden. Dazu zählen die schon erwähnten Parameter RP-Gehalt, hl-Gewicht, Tausendkorn-Masse (TKM), Fallzahl und Sedimentationswert.

Fallzahlen

Die Fallzahl bereitete in diesem Jahr sowohl in der Praxis als auch in den Versuchen normalerweise keine Probleme; anders sah es wie beschrieben 2023 aus. Die Durchschnittswerte der 10 untersuchten Standorte befanden sich in einem sehr guten Bereich von 300 bis 360 sec. Damit lagen die Fallzahlen praktisch wieder auf dem Niveau von 2022 und mehr als doppelt so hoch wie 2023 mit 155 sec.

Sortentypische Unterschiede waren erneut klar erkennbar was an der Schwankungsbreite der einzelnen Sorten deutlich wird (Tabellen 1 u. 2). Die höchsten Durchschnittswerte von 380 bis 362 sec. erreichten KWS Imperium, WPB Newton, RGT Reform, SU Jonte und RGT Kreuzer. Die im letzten Jahr sehr fallzahlschwache Sorte Chevignon sowie SU Fiete und RGT Konzert konnten ebenfalls sehr gut überzeugen. Relativ schwache Fallzahlen hatten KWS Mintum, Debian (eingeschränkte Datengrundlage), Winner und KWS Keitum. Aber auch bei den A-Sorten erreichten LG Kermit und SU Tarroca an Einzelorten Werte unter 220 sec., die auf eine geringe Fallzahlsicherheit hindeuten. Dieses Merkmal ist erstmals mit in die Tabellen aufgenommen worden. Sorten, die über eine positive Einstufung verfügen müssen nicht unbedingt die höchsten Fallzahlen erreichen, fallen unter kritischen Bedingungen jedoch nicht besonders stark ab. Zur Einstufung haben die Kollegen aus Mecklenburg-Vorpommern mehrjährige bundesweite Versuche incl. der Wert- und EU-Prüfungen entsprechend ausgewertet. Die Einstufungen fassen im Prinzip die vom Bundessortenamt (BSA) aufgeführten Parameter Fallzahlhöhe und -stabilität zusammen. Sorten mit geringerer Fallzahlsicherheit sollten daher - wie das Jahr 2023 gezeigt hat - bei wechselnden Witterungsbedingungen während der Ernteperiode vorrangig beerntet werden.

Obwohl das hl-Gewicht die Mahl- und Backeigenschaften nur recht gering beeinflusst, wird das Merkmal nach wie vor als wichtiges Qualitätsmerkmal ausgewiesen. Für A-Weizenqualitäten müssen beispielsweise Gewichte >77 kg, für B-Weizen >76 kg erzielt werden.

Die geprüften Sorten erreichten im Mittel der niedersächsischen Standorte mit durchschnittlich 74,7 kg zwar deutlich höhere Werte als im Vorjahr, lagen aber dennoch 3 kg unter den sehr guten Werten von 77,7 kg aus dem Jahr 2022.

Werte oberhalb 76 kg wiesen die beiden E-Sorten KWS Emerick und Exsal sowie Polarkap und die B-Sorte LG Lorimar auf. Aus dem A-Bereich lagen darüber hinaus auch LG Optimist, RGT Reform und KWS Donovan sowie die B-Sorten SU Fiete, Campesino, RGT Kreuzer und die C-Sorte RGT Konzert über dem Wert von 75 kg. LG Kermit verfehlte mit lediglich 71,4 kg als A-Sorte die geforderten Werte deutlich.

Entsprechend den hl-Gewichten ordneten sich die 2024er TKM-Werte genau zwischen den Gewichten der Jahre 2022 und 2023 ein. Mit Durchschnittswerten von 46,4 g wurde insgesamt ein mittleres Niveau erreicht, das heißt um 1 g schwächer als 2022, aber deutlich höher als im trockenheits­beeinflussten Jahr 2021. Von den mehrjährig geprüften Sorten aus dem E- und A-Bereich erreichten LG Optimist, Polarkap und KWS Emerick die besten Ergebnisse mit Werten von 50,6 bis 49,8. Die höchste TKM erreichte die neue Sorte SU Tarroca mit 51,8 g. Von den B- und C-Sorten lieferten KWS Keitum (C) und Informer und die neue C-Sorte RGT Konzert hohe TKM-Ergebnisse.

Die RP-Gehalte lagen mit durchschnittlich 11,3 % bei geringeren Erträgen dennoch um 0,4 % geringer als im Vorjahr. Im Vergleich zum Hochertragsjahr 2022 (10,7 %) lagen sie jedoch etwas höher. Als Ursachen für die schwachen Gehalte können also kaum Verdünnungseffekte aufgrund sehr hoher Erträge herangezogen werden. Vielmehr muss die Nährstoffaufnahme bzw. -umverteilung innerhalb der Pflanze Grund dafür sein. Wie eingangs beschrieben war zum einen die Nährstoffaneignung aus dem Boden wegen schwacher Wurzelausbildung mit daraus folgender suboptimaler Nährstoffaufnahme Grund dafür, zum anderen aber auch das nun schon mehrjährig generell geringere N-Düngungsniveau aufgrund politischer Rahmenbedingungen. Besonders auf Standorten, deren N-Versorgung zu mehr oder weniger großen Anteilen aus organischen Düngern abgedeckt wird, könnten die Nährstoffe durch eine zu späte Umsetzung von den schlechter ausgebildeten Wurzeln nicht ausreichend aufgenommen worden sein. So zeigen sich gravierende Unterschiede der RP-Gehalte zwischen den Prüfstandorten, die sich in einem Wertebereich von 7,6 bis 13,2 % bewegten.

Die Unterschiede zwischen den Qualitätsgruppen spiegeln sich auch in diesem Jahr wider. Zu beachten ist, dass in den Landessortenversuchen auch die E-Sorten auf Basis der Bedarfswerte der A- und B-Sorten gedüngt wurden. Eine um 30 kg N/ha erhöhte Düngung hätte bei den E-Sorten sicherlich noch zu einer spürbaren Verbesserung der RP-Gehalte geführt. Die beiden E-Sorten KWS Emerick und Exsal verpassten so mit Werten von 12,0 bzw. 12,1 % die für den Export geforderte Mindestnorm für E-Qualitäten sehr deutlich.

Mit 11,7 % lagen die durchschnittlichen RP-Gehalte der A-Sorten um 0,3 %-Punkte unter denen der E-Sorten, während die B-Sorten mit 11,1 % nochmals um 0,6 % geringere Werte aufwiesen.

Im A-Bereich erzielten die neuen Sorten SU Magnetron, SU Tarroca und LG Kermit mit 12, 4 bis 12,2 die höchsten RP-Gehalte und lagen damit sogar höher als die E-Sorten. Von den mehrjährig geprüften Sorten erreichten wieder KWS Donovan, Polarkap und SU Jonte noch leicht überdurchschnittliche Ergebnisse.

Im B-Bereich erzielten KWS Mintum, Complice, SU Fiete und SU Tammo mit 11,8 bis 11,7 % das Durchschnittsniveau der A-Sorten. Geringe RP-Gehalte von unter 11 % waren wieder bei RGT Kreuzer, Spectral und besonders bei der neuen LG Lorimar mit lediglich 10,5 % zu verzeichnen. Die große Diskrepanz im Bereich der C-Sorten resultiert daher, dass KWS Keitum von vornherein als C-Sorte an den Start ging, Winner und RGT Konzert jedoch auf Grund von Schwächen in den Backeigenschaften nunmehr als C-Weizen eingestuft wurden und sie entsprechend bessere Werte als KWS Keitum aufwiesen.

Das BSA hat 2023 erstmalig in der Beschreibenden Sortenliste das Merkmal der Stickstoff-Effizienz (N-Effizienz) aufgenommen. Hiermit wird beschrieben, wie effizient der aus Düngung und Nachlieferung des Bodens zur Verfügung stehende Stickstoff in Kornstickstoff umgewandelt wird. Der Kornstickstoffertrag ist also das Produkt aus Kornertrag und RP-Gehalt. In der Grafik, die sich auf die 2024 ermittelten Ergebnisse der fünf Standorte der Anbauregion Südhannover bezieht, in der verstärkt Qualitätsweizenproduktion stattfindet, sind diese beiden Parameter dargestellt. Die
N-Effizienz-Einstufung des BSA ist als Zahl den jeweiligen Sortennamen angehängt. Die Bandbreite liegt aktuell in einem Bereich von 4 (niedrig bis mittel) bis 7 (hoch). Durch eine hohe Bewertung (Boniturnote 7) zeichnen sich vornehmlich RP starke Sorten mit hohen Kornerträgen aus wie KWS Donovan von den etablierten Sorten, sowie die neue A-Sorte LG Kermit und die nunmehr als C-Sorte eingestufte Sorte RGT Konzert. Die neue Sorte SU Magnetron zählt dank sehr guter RP-Gehalte bei leicht unterdurchschnittlichen Erträgen ebenfalls zu den N-effizientesten Sorten. Die beiden E-Sorten KWS Emerick und Exsal sowie Polarkap sind mit der Note 6 auch überdurchschnittlich bewertet, sie liegen ertraglich allerdings im eher unterdurchschnittlichen Bereich; SU Tammo hingegen punktete durch bessere Erträge. Für die Vermarktung als Qualitätsweizen ist aus ökonomischer Sicht sicherlich ein ertragreicher A-Weizen mit gleichzeitig sicheren RP-Gehalten am interessantesten. Durch die Möglichkeit E-Sorten um 30 kg N/ha besser mit Stickstoff zu versorgen, lassen sich noch höhere RP-Werte erzielen bei gleichzeitig wohl auch leicht höheren Erträgen.

Ein Maß für die Proteinqualität ist der Sedimentationswert. Er beschreibt die Quellfähigkeit des Glutens und korreliert sowohl mit dem Proteingehalt als auch mit dem Backvolumen. Einhergehend mit den etwas geringeren RP-Werten fielen im Durchschnitt der Sorten auch die Sedimentationswerte mit einem Durchschnittswert von 35 ml deutlich schlechter als im Vorjahr aus. Der relativ enge Zusammenhang von RP-Gehalt und Sedimentationswert zeigt sich recht klar. Die besten Sedi-Werte lieferten die beiden E-Sorten KWS Emerick und Exsal, SU Magnetron, SU Tarroca, Polarkap sowie SU Jonte von den A-Sorten. Bei den B-Sorten erreichten Complice, SU Fiete, SU Tammo und Debian hohe Werte, die allerdings von der neuen C-Sorte RGT Konzert mit einem Wert von 38 sogar deutlich übertroffen wurden.

Ist ein Anbau von E-Weizensorten unter den aktuellen Rahmenbedingungen sinnvoll?

Auf den typischen und in der Regel hochertragreichen Lehmstandorten Südhannover ist es derzeit kaum realistisch, die am Export orientierten RP-Gehalte für E-Weizenqualitäten zu erfüllen, auch die geforderten RP-Gehalte für A-Weizen sind oft nicht sicher erreichbar. Der in der Düngeverordnung festgelegte Stickstoff-Bedarfswert als standortspezifische Obergrenze ist zu knapp bemessen, um eine unter vielen Umweltbedingungen sichere Qualitätsweizen­erzeugung zu gewährleisten. Der direkte Vertragsanbau wird daher die sinnvollste Option für einen erfolgversprechenden Qualitätsweizenanbau sein, wobei aber im Vorhinein die Qualitätsvorgaben und in der Regel auch die anzubauende Sorte feststehen und auch möglichst klare Preisauf- bzw. bei Nichterfüllung auch die Preisabschläge vereinbart werden sollten. Überlegungen, E-Sorten in den ausgewiesenen roten Gebieten anzubauen, um durch den höheren Bedarfswert im Vergleich zum A/B-Weizen die aus der reduzierten Düngung resultierenden negativen Auswirkungen auf die Qualitäten abzumildern, stoßen aufgrund der Preisaufschläge wieder auf zunehmendes Interesse. Die Qualität des Ernteproduktes hat dann zwar keine E-, aber häufig immer noch A- oder B-Weizenqualität. Sollte sich das verbesserte Ertragsniveau neuer E-Sorten, wie es aktuell z. B. Exsal gezeigt hat, bestätigen, wird dieser Anbau auch ökonomisch interessanter.

Neben der E-Sorte Exsal, die für die Anbauregion Lehmböden Südhannover nach dem zweiten Prüfjahr eine Empfehlung erhalten hat, kämen auch KWS Emerick und durchaus auch noch die in den Landessortenversuchen nicht mehr geprüfte Sorte Ponticus sowie weitere Sorten wie beispielsweise Moschus oder auch Opal für den Vertragsanbau in Frage, da sie nach wie vor qualitativ überzeugen. Die Saatgutnachfrage nach E-Sorten hat scheinbar bundesweit deutlich zugenommen.

Bewährte Sorten mit guten Qualitätseigenschaften in den einzelnen Qualitätsgruppen

Auf Basis der in den Tabellen dargestellten Qualitätsparameter Fallzahl, Sedi-Wert, RP-Gehalt und hl-Gewicht zeigten folgende Sorten gute Ergebnisse:

Neben der E-Sorte KWS Emerick lieferte Exsal insgesamt höhere Erträge bei gleichzeitig guten Qualitäten. RGT Reform überzeugte 2024 qualitativ vor allem in den Qualitätskriterien Fallzahl und hl-Gewicht wie in den Vorjahren mit guten Ergebnissen bei allerdings eher unterdurchschnittlichen Erträgen. Sie spielt im A-Bereich daher nach wie vor eine Rolle, was sich auch an den niedersächsischen und bundesweiten Vermehrungszahlen widerspiegelt.

Die mehrjährig geprüften Sorten SU Jonte und KWS Donovan bestätigten ihre bisherigen sehr guten Qualitätseigenschaften. SU Jonte wurde aus agronomischer Sicht bei gleichzeitig akzeptablen Erträgen in allen Anbauregionen empfohlen. KWS Donovan hingegen zeigte sich insbesondere 2024 sehr krankheitsanfällig, vor allem gegenüber Braunrost, sodass hier nur aufgrund der mehrjährig hohen Erträge bei gleichzeitig guten Qualitäten (hohe RP-Gehalte) für den Lehmböden Südhannover und den Höhenlagen noch eine Empfehlung ausgesprochen wurde. Polarkap erwies sich auch 2024 wieder qualitativ stark in den relevanten Merkmalen, ist aus ertraglicher Sicht jedoch recht schwankend.

Die lageranfällige Sorte LG Optimist erreichte in beiden Prüfjahren hohe Fallzahlen und hl-Gewichte, ist jedoch bei den RP-Werten eher schwächer einzustufen. WPB Newton zeigte bei den Qualitätsparametern keine Schwächen und wurde generell für den Anbau empfohlen. Von den neuen A-Sorten erreichte SU Magnetron sehr gute Werte im RP-Gehalt und bei den Sedi-Werten und könnte für die Mühlen künftig sehr interessant werden. Willcox erwies sich ertraglich etwas stärker, lieferte insgesamt aber eher durchschnittliche Qualitäten, die RP- und Sedi-Werte fielen unterdurchschnittlich aus. SU Tarocca hingegen erreichte sehr gute RP- und Sedi-Werte bei allerdings eher schwächerer Fallzahlsicherheit. Die hohen RP-Werte bei LG Kermit werden in ihrer Bedeutung durch die geringen hl-Gewichte etwas abgeschwächt.

Im Segment der B-Sorten erreichten wieder Complice und SU Fiete bei allerdings schwächeren Fallzahlen gute Ergebnisse. Von den neuen B-Sorten erzielte SU Tammo gute RP- und Sedi-Werte sowie gute hl-Gewichte.

Detaillierte Untersuchungen zu den Backeigenschaften werden im Rahmen der Qualitätsuntersuchungen der AG Qualitätsweizen an ausgewählten Sorten vorgenommen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden gesondert veröffentlicht.

Ausblick

Hochwertige Qualitätsweizenpartien waren trotz hoher Fallzahlen auch in diesem Jahr sowohl niedersachsenweit als auch bundesweit wieder nicht in ausreichender Menge vorhanden. Ursache dafür waren häufig zu geringe RP-Gehalte. Das Erreichen der vornehmlich am Export orientierten Grenzen im Bereich der Rohproteinwerte wird durch die neue Düngeverordnung zunehmend schwieriger. Vor allem auf den Hochertragsstandorten werden mit den nach Düngevorordnung zulässigen Bedarfswerten für Stickstoff die Ertragsleistungen relativ gering negativ beeinflusst, ein stärkerer Effekt ist beim Rückgang der RP-Gehalte feststellbar, wie zahlreiche eigene Versuche belegen.

Die in diesem Jahr offerierten Preisaufschläge gegenüber dem Futterweizen waren im Prinzip sehr attraktiv und wären gerne genutzt worden, wenn die Qualitäten gestimmt hätten. Laut Hinweisen der Mühlen und Verarbeiter ist davon auszugehen, dass diese Aufgelder auch für die kommende Ernte realisierbar sein könnten; die Frage ist auf welchem grundsätzlichen Preisniveau.

Das Ziel der insbesondere in den klassischen Anbauregionen für Qualitätsweizen wirtschaftenden Betriebe sollte es daher sein, den heimischen Markt besser und sicherer zu versorgen.

Das würde allerdings bedeuten, dass dann der Anteil der in erster Linie auf Ertrag ausgerichteten B- oder C-Sorten mit niedrigen RP-Gehalten zurückgefahren werden müsste. Hierzu ist sicherlich neben einer kurzfristigen ökonomischen Betrachtung auch die Absatzsicherung in den nächsten Jahren in Betracht zu ziehen. Ob sich die Absatzkonditionen für heimischen Futterweizen wieder spürbar verbessern ist angesichts der lukrativen Importangebote aus Südosteuropa derzeit unsicher.

Die Möglichkeit der Mühlen bzw. Verarbeiter, sich auch mit entsprechenden Qualitätsweizenpartien aus Südosteuropa oder Frankreich zu versorgen, ist allerdings in gleicher Weise gegeben und wird bereits intensiv genutzt.

Derzeit stehen sowohl neuere Sorten mit hoher Ertragsleistung bei schwachen Rohproteinwerten, die häufig nur als Futterweizen zu vermarkten sind in den LSV-Prüfungen, als auch qualitätsbetonte Sorten mit hohen Rohproteinwerten bei allerdings eher schwächerer Ertragsleistung. Sorten, die beide Kriterien erfüllen, weisen dann in den agronomischen Merkmalen wie Lager- oder Krankheitsanfälligkeit häufig Schwächen auf. Sollten sich die derzeitigen Vermarktungschancen für niedersächsischen Qualitätsweizen längerfristig verbessern, sind die Rohproteingehalte nach wie vor ein wichtiges Kriterium bei der Sortenwahl. Weitere Sorten, die genetisch hohe Backqualitäten bei geringeren RP-Gehalten erreichen, sollten bzw. müssen in erster Linie im direkten Vertragsanbau vermarktet werden.