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Investitionsschritte mit Risikovorsorge begleiten

Webcode: 01042021

Unternehmer und Unternehmerinnen investieren immer wieder, um Betriebszweige am Laufen zu halten oder neu aufzubauen. Oftmals wird die Anpassung der Risikovorsorge dabei vergessen. Dabei müssen nicht nur neue Gebäude und Maschinen gegen Feuer- und andere Risiken versichert werden. Viel entscheidender ist die Überlegung, was die Investition für die finanzielle Absicherung der Menschen auf dem Hof in bestimmten Risikosituationen bedeutet. Zwei Beispiele aus der Praxis sollen dies verdeutlichen.

Neuer Betriebszweig Hofladen

Höfkäserei
HöfkäsereiSabine Hoppe
Familie Meyer bewirtschaftet einen Milchviehbetrieb mit Bullenmast. Nach der Familienphase möchte Erika Meyer gerne ein eigenes Standbein auf dem Betrieb aufbauen. Aufgrund der günstigen Lage am Rand einer Kleinstadt entscheiden sich die Meyers nach gründlichem Abwägen und mithilfe der Beratung für den Einstieg in die Direktvermarktung, zumal sie bereits seit einigen Jahren Erfahrungen im Ab-Hof-Verkauf des ein oder anderen Bullen gesammelt haben. Nun soll eine Hofkäserei das Angebot vervollständigen. Ein leerstehendes Nebengebäude ist ideal für das Projekt.

Erika hat von ihren Eltern Geld geerbt und möchte es für den Hofladen verwenden.

Wenn Erika mit ihrem Geld das Altgebäude zum Hofladen umnutzt, ist dieses rechtlich ein Geschenk an den Eigentümer des Grundstücks, auf dem das Gebäude steht. In diesem Fall gehört das Gebäude dem Betriebsinhaber und Ehemann Dirk. Wenn Erika den Geldwert für sich behalten will, sollte sie sich entsprechend absichern, entweder durch einen Grundbucheintrag oder zumindest durch eine private Darlehnsvereinbarung mit ihrem Mann. Darin können die Eheleute vereinbaren, dass Erika bei Ende der Ehe durch Tod oder Scheidung das Geld zurückerhält.

An den Eigentumsverhältnissen ändert sich auch dann nichts, wenn die Eheleute den Hofladen gemeinsam als GbR bewirtschaften oder Erika ihn auf eigene Rechnung betreibt. In beiden Fällen hätte das den Verlust der Mitversicherung in der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft als Nebenbetrieb zur Folge, da keine Unternehmeridentität mit dem Hauptbetrieb mehr besteht. Betreibt Erika den Hofladen auf eigene Rechnung, so verliert sie den Anspruch auf beitragsfreie Familienversicherung in der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegekasse und kann sich dort freiwillig versichern, wobei all ihre Einkünfte zur Beitragsbemessung herangezogen werden.

Beide Fallgestaltungen bedingen auch, dass der Hofladen nicht als Nebenbetrieb in der landwirtschaftlichen Betriebshaftpflichtversicherung geführt werden kann. Der Hofladen benötigt vielmehr eine eigene Haftpflicht-, Gebäude- und Inventarversicherung.

Natürlich kann es dennoch beispielsweise aus steuerlichen Gründen sinnvoll sein, den Hofladen auf den Namen der Frau zu führen. Dann sollten allerdings die höheren Versicherungskosten in die Wirtschaftlichkeitsberechnung eingepreist werden.

Läuft der Hofladen auf den Namen desjenigen, der auch den Hauptbetrieb führt, kann der ersparte Geldbetrag beispielsweise dazu verwendet werden, für Erika eine eigenständige private Altersvorsorge aufzubauen. Ihr eingebrachtes Geld kann über einen privaten Darlehnsvertrag abgesichert werden. Muss zusätzlich Geld von der Bank geliehen werden, ist es ausreichend, dass Dirk den Vertrag allein unterschreibt. Das Eherecht im Bürgerlichen Gesetzbuch besagt ausdrücklich, dass kein Ehepartner für die Verbindlichkeiten des anderen haftet. Die Unterschrift ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Wenn die Ehefrau allerdings mitunterschreibt, haftet sie auch, und zwar bis an ihr Lebensende. Auch bei einer GbR haftet sie voll, auch wenn sie geringere Anteile an der Gesellschaft innehat.

Ebenso sollten die Eheleute klären, wie die finanzielle Absicherung bei Ende der Ehe durch Tod oder Scheidung aussehen würde und gegebenenfalls durch geeignete Verträge gegensteuern.

Betriebserweiterung für die Nachfolgerin

Die Nachbarn Schmidt bewirtschaften ebenfalls einen Milchviehbetrieb. Die Hofnachfolgerin steht in den Startlöchern. Die Familie überlegt, die Milchviehherde aufzustocken und in die Energieerzeugung einzusteigen. Auf dem Kuhstalldach soll eine PV-Anlage installiert und die Gülle und Futterreste sollen künftig in einer hofeigenen Biogasanlage „veredelt“ werden.

Dafür wird eine GbR zwischen Vater und Tochter angestrebt. Auch der weichende Erbe als Elektroingenieur möchte sich daran beteiligen. Die drei Personen gründen einen Gewerbebetrieb.

Dieser eigenständige Betrieb benötigt nicht nur eine eigene Haftpflicht-, Gebäude- und Inventarversicherung, sondern auch eine Elektronikversicherung für die PV-Anlage sowie eine Maschinenversicherung für die Biogasanlage und darüber hinaus gute Vertragsklauseln. Diese sollten regeln, wer den Betrieb weiterführen darf, wenn ein Gesellschafter beispielsweise im Koma liegt. Ohne eine derartige Vertretungsregelung wird vom Amtsgericht ein Betreuer eingesetzt. Auch eine Nachfolgeregelung sollte getroffen werden. Was ist, wenn ein Gesellschafter ausscheidet, sei es freiwillig oder durch Tod? Wer erbt die Gesellschaftsanteile? Ist dieses nicht geregelt und zum Beispiel der weichende Erbe verstirbt, so treten an seine Stelle seine Witwe und Kinder. Da letztere noch minderjährig sind, würden ihre Interessen durch einen amtlich bestellten Betreuer vertreten. Dieses Ergebnis sollte möglichst durch eine entsprechende Klausel im Vertrag vermieden werden. Stattdessen könnten die Anteile an die übrigbleibenden Gesellschafter fallen und die Hinterbliebenen einen angemessenen finanziellen Ausgleich erhalten.

Auch die aufgestockte Milchviehherde erfordert eine Anpassung der Risikovorsorge: der Gebäudeanbau, die neue Stalleinrichtung, die zusätzlichen Tiere müssen in der Gebäude-, Inventar- und Ertragsschadenversicherung nachgemeldet werden, um im Schadensfall Unterversicherung zu vermeiden. Dieses wäre besonders in Anbetracht des gestiegenen Fremdkapitals existenzbedrohend! Familienmitglieder sollten außerdem ihre persönliche Risikoabsicherung auf Aktualität prüfen: sind die Versicherungssummen in der Berufsunfähigkeits- und Risikolebensversicherung noch ausreichend, um im Ernstfall den Betrieb aufrecht zu erhalten und den Lebensunterhalt zu sichern?

Fazit

Bei Wachstumsschritten sollte nicht nur der Betrieb wachsen, sondern mit ihm die Risikoabsicherung. Dabei müssen neben den Betriebsversicherungen auch die privaten Versicherungen und sonstigen Verträge angepasst werden. Auch ohne Investitionen empfiehlt sich ein jährlicher „Vertrags-TÜV“, denn der Vorsorgebedarf ändert sich auch bei Abstockungen, Umstrukturierungen und Änderungen in der Familie durch Berufseinstieg, Heirat oder Schicksalsschläge. Vorsorgen ist besser als Heilen, zumal letzteres oft nur wenig bis gar nicht möglich ist.